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Unsere Abenteuer in der Welt des Fühlens

In der Zeit vom 8. bis 12. Mai war das Klassenzimmer der „Großen“ für die vierte Werkstattwoche im Jahr vorbereitet. Nach der musikalischen Begrüßung morgens spielten wir zur Wiederholung aller bisherigen Lesewerkstattwochen „sehen, hören, riechen, schmecken“, was eine Art von „Stadt, Land, Fluss“ für alle Sinne war. Jetzt „fehlte“ nur noch ein Sinn – der Tastsinn. Den sollten wir zuerst anhand eines Spiels und einer Geschichte über einen Wolf testen, um dann am Ende der Woche vergleichen zu können, ob sich unser Tastsinn im Laufe dieser Werkstattwoche verändert hat.

Diese Fühlspiele fielen uns noch relativ leicht. Denn wir konnten jeweils noch andere Sinne zur Unterstützung einsetzen. Wie aber erklärt man jemandem die einfachsten Dinge, wenn dieser weder etwas hört noch sieht. Wie fühlt man sich selbst, wenn man sich nur auf das Fühlen verlassen kann? Wie fühlt sich das für denjenigen an, der dem anderen mit diesen Handicaps dringend etwas sagen soll? Das probierten wir nun in einem nächsten Schritt aus. Kurz und bündig zusammengefasst – das fühlte sich für alle Beteiligten zuerst ganz schrecklich an. Beide Seiten waren völlig hilflos – jede auf ihre Art – und nur sehr selten gelang es zu erreichen, was erreicht werden sollte und dann wurde es sogar oft etwas ruppig. So erging es auch der kleinen Helen aus Amerika, denn sie war von Geburt an blind und taub. Ihre Lebensgeschichte – nach einer wahren Begebenheit - sollte uns in dieser Woche begleiten und wir alle waren schon sehr gespannt darauf.

Am zweiten Werkstatttag erfuhren wir dann, wie Helen von einer Lehrerin lernte, wie man sich nur über das Spüren verständigen kann und wir lernten das „Lormen“ kennen. Dabei kann man sich die einzelnen Buchstaben des Alphabets in die Handflächen tippen. Wie genau das gehen sollte, erfuhren wir über einige Plakate und Kurzbeschreibungen. So versuchten wir zuerst unseren eigenen Vornamen in die eigene Hand zu tippen, dann in die Hand eines Partners und dann probierten wir uns an „Mini-Botschaften“. Das „Lormen“ muss man wirklich sehr gut üben, üben, üben. Wir fanden es unfassbar, was taub-blinde Menschen leisten müssen, um ihr Leben meistern zu können.

Im Anschluss daran setzten wir uns zusammen und wir hörten die Geschichte von der „Gans auf meiner Hand“. Der Inhalt war sehr klar, doch die Bilder dazu machten uns stutzig. Da waren nämlich tatsächlich alle Bilder auf Handflächen gemalt und als Illustrationen so im Buch abgedruckt. Dabei sind wirklich unglaubliche Kunstwerke entstanden. Zu unserer Freude bekam jetzt jede Gruppe solche Bilder von unseren Fräuleins zur Verfügung gestellt und unser Auftrag war es, anhand dieser Bilder eine Geschichte zu verfassen. Dabei durften wir uns die Arbeiten daran über die nächsten Werkstatttage einteilen. Ein unglaublicher Spaß war das, den wir da beim Erfinden und Erzählen miteinander hatten!

In der Zeichenstunde durften wir „Kleinen“ uns nun selbst daran versuchen, ein Tier auf unsere Handfläche zu malen. Also umfuhren wir unsere Handflächen auf einem Zeichenblatt und los ging es. Wir „Großen“ versuchten mit unseren Handabdrücken ebenfalls Tiere zu malen und trauten uns dabei mit den Wasserfarben an die Arbeit.

Im Turnraum wurde dann der Unterricht fortgesetzt. Jetzt war es wieder an der Zeit den Tastsinn zu schulen und wie kann man das besser als mit vielen unterschiedlichen Spielen. Wir mussten Rhythmen einstudieren, den anderen dann beibringen oder selber von anderen einen Klatschrhythmus lernen, bestimmte Dinge über eine gehörte Geschichte ertasten, vorgegebene Buchstaben der Brailleschrift erfühlen, einen unserer Freunde über Berührungen erkennen und vieles mehr.

Gesungen haben wir natürlich auch. Während des „Körperteileblues“ und dem Lied vom „Äffchen Bob“ kamen wir ganz schön aus der Puste, hatten aber mindestens genau so viel zu lachen. Denn da war nicht nur das Singen gefragt sondern auch Taktgefühle und Körperkoordination. Nachdem dies nicht immer perfekt gelang, entstanden die lustigsten Szenen. Danach beschäftigten wir uns mit der Haut und nahmen unser größtes Körperorgan so richtig unter die Lupe. Wie sieht sie aus? Wie ist sie aufgebaut? Welche Funktionen übernimmt unsere Haut? Wie wird unsere Haut krank und was schützt uns vor Krankheiten? Spannend! Und dann war die Zeit da, dass wir unsere eigenen Geschichten vorstellen durften. Also setzten wir uns nochmals in unseren Gruppen zusammen, um die Vorträge vorzubereiten und schon bald darauf standen wir auf der „Klassenbühne“ und erzählten uns gegenseitig unsere Tiergeschichten.

Zum Abschluss der Werkstattwoche haben wir noch nach Begriffen gesucht, die beschreiben, wie sich bestimmte Dinge anfühlen, um sie dann für unseren „Feedbackreifen“ zu notieren. Doch die allerletzte Einheit verbrachten wir dann wieder im Turnraum, um dort nun herauszufinden, ob sich unser Tastsinn nun verändert bzw. vielleicht sogar verbessert hatte. Dabei spielte tatsächlich unsere Haut von Kopf bis Fuß eine wichtige Rolle. Da ging es wirklich rund, das ist mal sicher. Wir traten dann auch erneut gegen die anderen Mannschaften an und diese Wettbewerbe spornten uns ungemein an und holten aus jedem das Beste heraus. Direkt danach ging es wieder in die Klasse zurück und es wurden die Ergebnisse der Woche von unseren Lehrerinnen bekannt gegeben. Das stärkste Team – also diejenigen, die am besten zusammengearbeitet und den Teamgedanken nie aus den Augen verloren hatten – durfte in einer Fühlbox eine kleine Belohnung ertasten und diese dann mitnehmen. Außerdem hatten unsere Lehrerinnen für jeden von uns die „Werkstattausweise“ fertiggestellt und uns überreicht, die wir dann zum Ende dieser tollen Werkstatt auch gerne und stolz in die Kamera hielten.

©Volksschule Eichenberg 2008 Letztes Update dieser Seite:
28. August 2017